Blumenbilder aus dem Jenseits

Renoir, Gauguin und van Gogh malen mit Hilfe des Mediums José Medrado –
so behauptet es der brasilianische Justizbeamte


Von Thomas Goebel

José Medrado ist ein recht guter Kunstmaler. Oder auch nicht. Vielleicht sind es ja Renoir, Gauguin und Van Gogh, die an diesem Abend im Albertus-Magnus-Haus in Freiburg-St.Georgen ihre Werke auf Leinwand bannen. Denn Medrado ist ein „medialer Maler“, durch ihn, sagt er, malen die Geister der großen Meister.

Im Normalzustand, sagt Klaus Dierolf, könne Medrado nicht mal eine Wand anstreichen. Dierolf hat Medrado eingeladen, er betreibt ein „Forum für spirituelle Begegnung und Entwicklung“. Gut 50 Menschen sind, für 15 Euro Eintritt, zum Zuschauen gekommen. Das Publikum ist eher alt als jung, eher weiblich als männlich. Die geistige Welt, sagt Dierolf, sei von der Stimmung im Raum abhängig, weshalb man sich jetzt bitte „meditativ gut einschwingen“ solle. 

Dazu dienen Bilder von der „Lichtstadt“, einem Sozialprojekt Medrados, in das laut Veranstalter alle Erlöse fließen. Eine Mitarbeiterin des Malers spricht von Suppenküchen, Arztpraxen und Waisenkindern, dazu gibt es viele Bilder. Medrado sei 47 Jahre alt, verdiene sein Geld als Beamter im Justizministerium und sei in Brasilien eine Berühmtheit. Behält er nur etwas von dem Geld für sich selbst, verliere er sofort seine Gabe. Das hat Renoir ihm deutlich gesagt.

Dann erscheint der Meister selbst. Er lächelt gewinnend, breitet die Arme aus und spricht über Energie, die nicht verloren gehe, holt kurz eine Frau mit Gesundheitsproblemen zu sich und fasst sie an den Händen. Ihn begleiteten, sagt er, auch einige verstorbene Ärzte, die offenbar auch als Geister noch berufstätig sind.

Stimmungsvolle Chansons erklingen, Medrado steht mit geschlossenen Augen da, ein Zittern läuft durch seinen Körper, er öffnet die Augen, greift sich eine Leinwand und Ölfarbe, die er mit den Fingern verreibt. In fünf Minuten entsteht ein Blumenstrauß, Medrado signiert, „das erste Bild ist von Renoir“, verkündet die Assistentin. Der Maler zuckt, fast bekommt man Angst, er falle um, doch schon hat er die nächste Leinwand in der Hand. Es folgen Monet, Gauguin, Van Gogh, Matisse – eine gewisse Berühmtheit braucht es schon, um durch Medrado zu malen. 

Elf Bilder entstehen in etwas mehr als einer Stunde, dann lächelt der Meister, zieht die Handschuhe aus, das Publikum applaudiert und stellt Fragen: Gibt es Geistwesen, die die verstorbenen Maler koordinieren? Antwort: Ja, Renoir. Dann ist die Fragestunde vorbei – schließlich müssen die Bilder noch versteigert werden. Bei 100 Euro geht’s los. Die Blumen von Renoir bringen 400 Euro, ein Strauß von van Gogh 200 Euro. Ganz schön billig für ein Original.

Badische Zeitung, 4. Oktober 2008